Wertach Grossaitingen

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Unterwegs an der Wertach bei Großaitingen

Die Wertach hat keine Quelle. Sie entsteht aus dem Zusammenfluss von Eggbach und Kaltenbrunnenbach im Raum Oberjoch. Nach rund 140 Kilometern mündet sie bei Augsburg in den Lech. Ihren Namen bekam sie von den Kelten: Virdo bedeutet "die Schnelle". Die Flussbaumeister vergangener Tage haben das Gewässer mit germanischer Gründlichkeit begradigt. Das Ergebnis ist ein kanalähnlicher Verlauf etwa ab Kaufbeuren, unterbrochen von Staustufen. Die Wertach wurde zum Opfer der damaligen Regulierungswut. Auf dem Augustusbrunnen in Augsburg ruht eine steinerne Flussgöttin, die ihren Namen trägt. Sie wird bitterlich geweint haben, als sie mit ansehen musste, was die Menschen mit ihrem Fluss gemacht haben. Wer die Wertach südlich von Marktoberdorf kennt, weiß was ich meine. "Wertach vital" und aufwendige Umgehungsgerinne für Wanderfische sind Wiedergutmachungsversuche aus jüngster Zeit.

Sehen wir uns mal unsere Fischwasserstrecke bei Großaitingen an. Sie beginnt an der Staumauer des Stausees Leuthau bei Schwabmünchen und endet nach rund achteinhalb Kilometern unterhalb der Straßenbrücke, die von Großaitingen zum Gnadental - im übrigen eine Empfehlung für´s Mittagessen - führt. Brücken und Staumauern sind wichtige Geländemarken, will man bestimmte Gewässerbereiche beschreiben. Wenn wir an unserer oberen Grenze, der Staumauer Leuthau beginnen, folgen Wehr Mittelstetten, "Holperbrücke" (wenn sie darüber fahren, verstehen sie auch die Namensgebung), "Nepomukbrücke" (die nenne ich jetzt mal so, weil auf ihrem Geländer der Brückenheilige steht) an der Straße nach Reinhartshofen, Wehr Großaitingen und zuletzt die oben erwähnte Brücke, über die die Straße zum Gnadenthal führt. An allen Brücken findet sich ein legaler Parkplatz.

Die Wertach hat sich, begünstigt durch die Begradigung, tief eingeschnitten. Unterhalb der beiden Wehre ist sie noch "flüssig", ansonsten finden wir, abhängig vom Wasserstand, langsame bis sehr langsame Strömung vor. Vor den Staumauern weist sie eine beachtliche Tiefe von mehreren Metern auf. Mit der Lotrute kam ich auf rund vier Meter vor den Wehren in Mittelstetten und Großaitingen. Es mag an anderen Stellen noch tiefer sein.

Und jetzt kommen wir zu der Besonderheit unserer Wertachstrecke. Das tief liegende Flussbett und die steilen, teilweise unzugänglichen, stark bewachsenen Ufer wirken bei etwas Phantasie wie Impressionen von einem südamerikanischen Urwaldfluss. Große, wenn nicht überwiegende Teile wurden und werden nicht befischt. Ein Refugium für Fische, wie man es besser nicht planen könnte. Wer weiß, welche Fischmonster dort zu Hause sind? Und in der Wertach gibt es große Fische. Ich habe dort selbst einen Hecht beobachtet, der einem das Fürchten lehren konnte. Sein Einstand machte ihn unangreifbar. Ich kenne kein Angelzeug, mit dem man ihn dort hätte herauszwingen können. Ganz abgesehen davon, dass eine vernünftige Befischung gar nicht möglich war. So wird der Gigant eines natürlichen Todes gestorben sein, unbesiegt von Anglern. Und solche Geschichten könnte ich beliebig fortsetzen. Hinzu kommt: Die Wertach ist ein Huchenfluss. Im Oberlauf ist das gar kein Thema. Bei unserem oberen Nachbarn wird gelegentlich, sehr gelegentlich einer gefangen und weiter unten geschieht das auch. Wir besetzen ebenfalls regelmäßig Huchen ...

Wir sind, wie sollte es auch anders sein, bei der Fischerei gelandet. Träume von großen Fischen müssen erlaubt sein, anglerisch leichter umsetzen lässt sich der Fang von Karpfen, durchaus auch von Großkarpfen. Bedingt durch die geringe Strömung kann mit den üblichen Methoden und Ködern gefischt werden. Man sollte aber nicht aus den Augen verlieren, dass die Fische auf Futtersuche auch in Ufernähe entlangziehen. Stellen, an denen das Wasser etwas kreiselt, können, fast unter der Rutenspitze, zu Hotspots werden. Ein winziges Birnenblei durch eine Perle und einen Fadenknoten gestoppt, sowie zum Haken durchgehende Leine waren dann meine Erfolgsmontage. Feedern funktioniert natürlich auch. Karpfenangler wird man vor allem an den beiden Strecken oberhalb der beiden Wehre finden. Also Wehr Mittelstetten bis zu Einmündung der Scharlach und Wehr Großaitingen bis zur Nepomukbrücke. Diese Stellen sind gut zugänglich und bieten beste Voraussetzungen für einen beschaulichen Ansitz. Wenigstens bis der Bissanzeiger aufheult.

Was geht sonst noch? Die Wertach war vor einigen Jahrzehnten für ihre großen, zum Teil auch zweistelligen Brachsen bekannt. Zwischenzeitlich gab es einen erheblichen Einbruch. Dem Hörensagen nach wurden jetzt wieder kleinere Schwärme beobachtet. Mal sehen! Bleiben wir noch bei den Weißfischen. Sieht man sich die Fangstatistiken an, so tauchen sie fast alle auf, zugegeben in kleinen Mengen. Aber wer fischt an der Wertach auch auf Weißfische? Beim Oberanlieger gibt es wahrhaft kapitale Aitel. Unsere Strecke scheint mir für diese Fischart eher noch geeigneter. Aale können ebenfalls gefangen werden und zwar klassisch oder auch mal untertags auf einen kleinen Mistwurm. Gute Stellen finden sich auch im Bereich der Wehre, wo man sie bei prallem Sonnenschein schon an den Wehrbauten beobachten konnte. Setzen wir den Reigen fort: Forellen werden im Frühjahr in den oberen Bereichen besetzt, Aalrutten ebenfalls schon seit geraumer Zeit. Im Bereich Bobingen werden im Winter schöne Rutten gefangen. Sollte bei uns doch auch möglich sein.

Den Größten habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Ich erinnere mich noch an die Geschichten, als Aalangler über ihre unheimlichen Begegnungen mit Fischen erzählten, die die Rollen zum "Rauchen" brachten und letztlich doch nicht gelandet wurden. Es konnte sich nur um Waller handeln. Heute wissen wir, der Wels hat, wie an so vielen anderen Gewässern auch, in der Wertach Einzug gehalten. Schon vor Jahren wurden beachtliche Exemplare in unserer Strecke gefangen und sie werden in der Zwischenzeit kaum kleiner geworden sein. Hier sind Ausdauer und massives Gerät gefragt.

Es wird Zeit unseren kleinen Rundgang an der Wertach zu beenden. Meiner Einschätzung nach ein hochinteressantes Gewässer für Angler, die vielseitig interessiert sind und gerne mal eigene Wege gehen. Ich wünsche allen, die schon an der Wertach fischen, und denen, die es einmal versuchen möchten, ein kräftiges Petri-Heil!

Peter Steinle